Samstag, 30. Dezember 2006

Dieser Blog ist tot. Ich blogge weiter auf dem «Agile Trail».

Getting Real

Ich habe über die Weihnachtsfeiertage Getting Real von 37Signals gelesen.

Getting Real beschreibt auf einer abstrakten High-Level-Ebene unterschiedliche Ideen, um eine erfolgreiche Webapplikation zu entwickeln, zu veröffentlichen und am Laufen zu halten. Geschrieben ist dieses Buch von den Machern von Webapplikationen wie Basecamp und dem Webframework Ruby on Rails, die zusammen die Web-2.0-Vorzeigefirma 37Signals betreiben.

Das Buch ist oft im Imperativ geschrieben und kommt daher meist direkt zur Sache, ist stellenweise sogar aphoristisch geprägt, was in der Praxis beim Lesen bedeutet, dass eine Seite mal eine halbe Stunde dauern kann, weil einem so viele Lichter auf einmal aufgehen. Die Ideen kommen gut rüber!

Ja, es ist agil. Nein, es nicht TDD. Das geht? Das geht. Ähnlich wie Scrum sich aus den Programmiertechniken heraushält, so hält sich Getting Real auch fast aus allem Technischen raus - allerdings hätte man aufs Test First doch ruhig ein wenig eingehen können, auch auf höherer Ebene. So ist es durchaus Möglich, beispielsweise Interface First mit Test First zu koppeln, indem man Akzeptanztest gegen die Oberfläche laufen läßt (was besonders elegant, schnell und einfach bei Webapplikationen funktioniert).

Getting Real ist auch Werbung: an zig Stellen wird auf die Produkte von 37Signals verwiesen, allerdings immer im Zusammenhang mit dem entsprechenden Kapitel und meist als Beispiel dafür, wie man etwas machen sollte. So sollte man zum Beispiel u.a. Bücher schreiben, um seine Produkte zu promoten :-) Auch sind viele Zitate, meist Blogeinträge, im Buch verarbeitet, deren Inhalt die aufgestellten Thesen untermauern sollen.

Im Buch ist außerdem noch zu finden: was man im Vorfeld einer Webanwendung zu berücksichtigen hat, wie man Prozess und Anwendung schlank hält, welche Prioritäten und Features zu wählen sind (und wie), wie man den Prozess verbessern kann, wie die Organisation und das Personal aufgebaut sein sollte, wie das Interface und der Code gestaltet sein sollten, warum Worte wichtig sind (und Spezifikationen nicht), welche Preismodelle empfehlenswert sind und wie man Leute findet, die dann auch bezahlen wollen, wie man diese Leute schließlich supportet und an was man nach dem Webapp-Launch noch denken sollte.

Getting Real kann man kostenlos als HTML-Version online lesen, als digitale Version für den halben Preis als pdf herunterladen oder für den vollen Preis als Buch kaufen bei Lulu.com. Für diejenigen, die letzteres vorhaben: Das Buch ist für den Preis qualitativ okay, allerdings ist das Inhaltsverzeichnis vier Seiten hinterher: was beispielsweise auf Seite 31 verweist, findet sich erst auf Seite 35.

Fazit: Mich hat das Buch nicht ganz so mitgerissen, wie man es beispielsweise bei Franks Rezension nachlesen kann. Dennoch: empfehlenswert.

blog comments powered by Disqus