Bereit für Biel
Acht Wochen direkte Vorbereitung liegen nun hinter mir und ich fühle mich zunehmend bereit für Biel und meinen ersten 100er - Restzweifel mal ausgenommen, aber dazu später mehr.
Pro Woche bin ich zwei Mal länger gelaufen von zwei bis fünf Stunden, meist zwischen 2:30 h und 3:30 h. Am Ende der zweiten Woche bin ich beim Rhein-Ruhr-Marathon mitgelaufen: dreieinhalb Stunden Anreise im Smart, Laufen, und wieder zurück - ich war von halb vier Uhr morgens bis 18 h abends beschäftigt :-) Angestrebt war ein 3:30-h-Trainingslauf, geworden ist's ein 4:00-h-Quäl-Dich-Du-Sau-Lauf, weil der Magen-Darm-Trackt noch nicht mitspielen wollte. Eben diesen habe ich jetzt Dank Arzt und Medikament (Duspatal) ausgetrickst, wobei letzteres nicht auf der Dopingliste steht, Bölts-Zitat hin oder her. Von der Wirkung des Medikamentes konnte ich mich dann in der fünften Woche beim 50er Ultra im Westerwald überzeugen: selbst Bananen wollten nicht vorschnell wieder aus mir raus! Eine weitere Innovation: In den Westerwald bin ich mit Jorina in einem Wohnmobil gefahren und das hat uns so gut gefallen, dass wir so auch nach Biel fahren wollen. Mehr dazu in einem eigenen Blogeintrag zum Westerwaldlauf.
Das war dann auch schon gleichzeitig der längste Trainingslauf; in der siebten Woche wollte ich eigentlich noch einen Traingsmarathon laufen, aber da habe ich ein wenig die externen Faktoren unterschätzt, etwa die kraftraubende Hochzeit meiner cousine am Tag davor, wenig Schlaf, viel Veränderung bei der Arbeit, weil neues Projekt, und schließlich auch, dass kein organisierter Marathon dann stattfinden wollte, als ich ihn hätte brauchen können: Der nächstgelegene Marathon wäre Potsdam gewesen, und das war mir zum Anreisen am gleichen Tag dann doch zu weit. Egal, dachte ich mir, machste das eben auf der 2,5-km-Waldlaufbahn im Karlsruher Hardtwald. 17 Runden können doch nicht so lang sein... Gesch***en, und wie lang die sein können! Das hat überhaupt nicht hingehauen und ich hab nach 30 km frustriert aufgehört, mehr vom Kopf als von den Beinen fix und alle. Naja, kann jetzt natürlich auch ein typischer Fall von kognitiver Dissonanz sein, dass ich mir diesen zusammengelaufenen Mist jetzt schön rede, damit's mit meinem Weltbild vereinbar wird, aber Zwecks Motivation bitte ich um keine Kommentare vor nächsten Samstag, die darauf näher eingehen ;-)
Die Bilanz ist entscheidend: Ich habe nach meinem Desastermarathon in Freiburg Anfang April zwei Wochen regeneriert (etwa 40 km Umfang pro Woche) und mich dann acht Wochen intensiv auf Biel vorbereitet. Das Minimum lag bei 88 km Umfang in der letzten Woche, das Maximum bei 154 km in der fünften. Insgesamt bin ich knapp 900 km gelaufen, also etwa 110 km im Schnitt pro Woche. Mensch, Angeben macht Laune :P
Gesundheitlich geht's mir gut. Zweimal habe ich schmerzhafte Muskelverhärtungen in der rechten Wade gehabt, die ich aber wegmassiert und -gedehnt bekommen habe. Die hohen Laufumfänge haben sich erwartungsgemäß in den Knien als Spannungsgefühl bemerkbar gemacht, aber ich denke, dass ich das über Biel aushalten kann und sich das wieder gibt, wenn ich die Umfänge nach Biel erstmal wieder reduziere. Magen-Darm-Gedöns scheine ich im Griff zu haben. Und in der nächsten Woche habe ich wenig zu arbeiten und kann viel ruhen, schlafen, entspannen und mich gedanklich auf den Ultra vorbereiten und einstimmen.
Jorina kommt mit nach Biel, und auch wenn sie schläft, während ich durch die Nacht laufe, ist sie wie immer meine mentale Stütze. Am Donnerstag fahren wir beide die knapp 300 km von Karlsruhe nach Biel in die Schweiz im Camper. Neben dem Anmelden und Startunterlagen abholen schauen wir dann mal, was wir vom Programm der Bieler Lauftage noch so mitnehmen werden. Freitag morgen will ich früh aufstehen, damit ich mich mittags bis nachmittags dann nochmal hinlegen kann - jaja, graue Theorie, ich weiss: Normalerweise bin ich vor solchen Unternehmungen so fickrig wie ein Eichhörnchen auf Speed, aber zumindest soetwas wie Ruhe will ich versuchen zu bekommen im Wohnmobil. Um 22 h abends dann wird's ernst und ich werde mit über 2000 anderen Bekloppten in die Nacht traben, während Jorina sich dann wahrscheinlich in die Camper-Koje kuschelt. Muss sie aber auch, denn sie soll ja fit sein für den Fall, dass sie mich dann hoffentlich am anderen morgen im Ziel noch wiedererkennt.
Wie lange ich da unterwegs sein werde? Keine Ahnung, ich blicke da auf keinerlei Erfahrungswerte zurück und mir sind auch keine Umrechnungstabellen bekannt. Beim Ultra im Westerwald habe ich viel lernen können: Wenn es trocken bleibt, dann versuche ich unter 10 h zu bleiben. Aber hey, ich will da durchkommen, selbst wenn ich die letzten 20 km nur noch rumschlurfe, und dann ist mir die Zeit erstmal egal. Optimieren kann ich dann beim nächsten 100er :-)
Wünscht mir Zuversicht und Selbstvertrauen! Ich hab's zwar vielerorts gelesen, aber die Bedeutung der Worte erschließt sich mir erst jetzt so richtig: Einen 100er läufst Du im Kopf! Bin schon seit Tagen auf der Strecke - und hoffentlich komme ich da vor Freitag abend noch ins Ziel...!